ist auch 2019 wieder eines der wichtigsten Themen im Medien- und Anzeigengeschäft. Mit der sich ständig weiterentwickelnden Automatisierung, Analyse und Speicherung großer Datenmengen in Echtzeit werden vielfältige Möglichkeiten geschaffen, Programmatic zu nutzen und zu reformieren. Wie sieht also die Zukunft von Programmatic Advertising aus? Programmatic advertising
Wir haben dazu mit Ghanem Awn, COO von Yieldlab gesprochen. Die Yieldlab AG ist ein ADvendio-Integrationspartner, der auf hochwertige, programmatische Werbung spezialisiert ist. Führende europäische Medienunternehmen wie Media Impact und SevenOne Media nutzen diese Technologie, um ihre Geschäftsbeziehungen zu Mediaagenturen und Einkäufern zu managen.
Ghanem Awns Expertise in der Medienbranche
Ghanem ist seit gut 20 Jahren in der Medienindustrie tätig, vorwiegend in den Bereichen Digital Advertising Media und Technologie für die Einkaufs- sowie Verkaufsseite. Vor seiner Tätigkeit bei Yieldlab war er als Senior Key-Account-Manager bei der internationalen DQ&A Group angestellt, wo er für Kunden in ganz Europa sowie für strategische Partnerschaften mit den Technologieanbietern Google DoubleClick und Brightcove verantwortlich war.
Nach seinem Wechsel zu Yieldlab als Director of Strategic Partnerships im Jahr 2011 wurde Ghanem zum COO ernannt und verantwortet heute die Bereiche Key Account Management, Platform Solutions, Business & Strategic Operations und Marketing.
Mit Ihren umfangreichen Kenntnissen und Erfahrungen in der Medienbranche, was sind Ihrer Meinung nach die grundlegenden Vorteile für Medienunternehmen, die programmatische Werbung einsetzen?
Die Vorteile dieser Form der Marketingautomatisierung liegen zum einen in den Effizienzgewinnen aus der Ablösung des aufwendigen und manuellen Mediahandels durch technisch gestützte automatisierte Ein- bzw. Verkaufsprozesse (Programmatic Buying & Programmatic Selling). Zum anderen manifestieren sie sich in den Effektivitätsgewinnen aus einer automatisierten datenbasierten Medialogistik, vor allem in der individualisierten Kampagnenaussteuerung und – auslieferung (Targeting).
Nachfrage und Angebot können gebündelt, kuratiert und z.B. durch neue Formate und zusätzliche Partner ausgebaut werden. Insbesondere durch eine ganzheitliche Verkaufsstrategie durch die Kombination von herkömmlichem Vertrieb und programmatischem Verkauf. Alle Bestandteile zusammen ermöglichen eine erweiterte Yieldoptimierung und damit eine deutlich bessere und zeitgemäße Monetarisierung des Inventars.
Der ganze Bereich Programmatic hat sich in den letzten Jahren rasant gewandelt, wo sehen sie die größten Veränderungen und Entwicklungen?
Programmatic Advertising hat sich in den vergangenen Jahren vom Nischen- zum Mainstream-Modus im digitalen Marketing entwickelt. In seinem Ursprungsland, den USA, wurde Programmatic Advertising publisher- bzw. vermarkterseitig bereits früh vom Ziel der Ertragsoptimierung digitaler Werbeflächen (Yieldoptimierung) dominiert. Dazu zählte, Werbeinventare über entsprechende Schnittstellen in so genannte Ad Networks bzw. Ad Exchanges einzustellen.
Mediaagenturen und Werbetreibende konnten dann direkt und automatisiert auf diese Ad Impressions zugreifen, so dass sich durch die kostensparende softwarebasierte Abwicklung diese Form des Mediahandels schnell fest etablierte.
Im nächsten Schritt wurden Bietverfahren auf das angebotene Inventar eingeführt – Real-Time-Bidding (RTB) als Urform des Programmatic Buying war geboren. Während Real-Time-Bidding in den USA und Großbritannien einen regelrechten Siegeszug erlebte, zeichnete sich gerade im deutschen Markt, der seit jeher von einem starken, klassisch definierten Qualitätsverständnis geprägt ist, ein anderer Weg ab.
Anders als in den anglo-amerikanischen Märkten, wo angebotsbedingt eher der offene auktionsbasierte Einkauf von Media in Ad Networks dominiert, hat das Bedürfnis nach hochwertiger Inventar- und Datenqualität sowie umfassender Transparenz und Sicherheit im deutschen Markt dazu geführt, dass sich recht schnell das Modell des Private Marketplace mit einer direkten Beziehung zwischen Publisher bzw. Vermarkter und Mediaagentur oder Werbetreibendem als bevorzugte Form des datenbasierten und automatisierten Mediaeinkaufs etabliert hat. Das hat bis heute Bestand.
Medienübergreifender Einsatz von Programmatic Buying Technologien
Programmatic ist nicht mehr nur im digitalen Bereich anzutreffen, sondern wird auch für weitere Kanäle wie Video, TV und Radio angewendet. Was halten Sie von dieser Entwicklung?
„Programmatic Everything“ ist ein logischer Schritt. Alle Medien, die sich digitalisieren, werden früher oder später auch programmatisch „erschlossen“ werden. Digital-Out-of-Home-Werbeflächen (Infoscreen, Mall Video, Station Screen etc.) werden heute bereits genauso programmatisch gehandelt und ausgeliefert wie TV-Spots, Addressable TV, Audio – und selbst klassische Print-Anzeigen.
So wird beispielsweise die Fokussierung auf zukunftsweisende Themen wie Digital-Out-of-Home, Audio oder addressable TV, die Revolution in der TV-Werbung bei Yieldlab vorangetrieben.
Sehen Sie in Bezug auf die Printbranche eine Zukunft für den Einsatz von Programmatic Buying Technologien?
Absolut. Auch wenn es sich bei den klassischen Mediengattungen naturgemäß nicht um eine datenbasierte Auslieferung der Werbemittel in unmittelbarer Echtzeit handeln kann, wie Programmatic Advertising im Digitalbereich verstanden wird, wird sich vor allem der programmatische Einkauf von Media auf Seite der Werbetreibenden und Agenturen perspektivisch in eine Richtung entwickeln: ein zentraler Prozess bzw. eine zentrale Technologieplattform, der bzw. die alle relevanten Kanäle, einschließlich der klassischen Offline-Media-Kanäle, abbildet.
Die Zukunft von Programmatic Advertising in der Medienbranche
Werden Medienunternehmen, die bisher keinen programmatischen Ansatz nutzen, eine Chance haben, auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben?
Ich persönlich denke: nein. Zum einen werden sie stufenweise an Media-Potenzial bzw. Kampagnenvolumen verlieren. Das wird je nach Media-Kanal lang- oder kurzfristig stattfinden. Programmatic stellt einen strategischen Aspekt dar und sollte ganzheitlich in die Unternehmensplanung eingebunden werden. Die Vorteile aus der programmatischen Vermarktung und der Effektivitäts- und Effizienzdruck sind einfach zu groß. Nicht zuletzt auch, weil der Medienmarkt nach wie vor ein Käufermarkt mit einem massiven Angebotsüberhang ist.
Medienhäuser müssen hier alles tun, um ihre Medien datenbasiert und technologisch bestmöglich zu veredeln und gleichzeitig ihre Vermarktungsprozesse so schlank und agil wie möglich aufzustellen. Das geht nur über eine weitgehende Automatisierung.
“Programmatic bedeutet Veränderung und Chance zugleich. – Ghanem Awn”
Was sind Ihre Prognosen für die Zukunft von Programmatic Advertising?
Der Anteil programmatisch gehandelten Mediainventars wird weiter wachsen. Dabei wird auf beiden Seiten – der Einkaufs- wie der Verkaufsseite – zur Reduzierung von Komplexität der Trend zum Einsatz von Omnichannel-Plattformen gehen, über die alle Medien, Kanäle und Inventare ganzheitlich gehandelt und gesteuert werden.
Im Bereich der Zielgruppenansprache wird das Cross-Device Targeting, das heißt die ganzheitliche Nutzeransprache über bspw. Addressable TV, Desktop und Mobile, angesichts der anhaltend hohen Fragmentierung der Mediennutzung unverzichtbar werden. Damit wird nicht nur Retargeting intelligenter und leistungsfähiger, sondern es kann endlich auch ein hochwertiges Storytelling betrieben werden. Ich bin überzeugt davon, dass vor allem in diesen kreativen und qualitativen Themen die Zukunft des Advertisings liegt.
Gleichzeitig müssen wir Programmatic Advertising vor allem qualitativ weiterentwickeln – u.a. mit intelligenten Lösungen, die insbesondere die Anforderungen von Buyside und Sellside noch optimaler zusammenbringen. Das bedeutet natürlich auch, in der technologischen Weiterentwicklung der Systeme das eigene Silo zu verlassen und weitaus integrierter zu denken als bisher. Darin liegt aber gleichzeitig auch die Chance, Programmatic Advertising zu einem noch erfolgreicheren Betriebssystem des Marketings zu machen, als es bereit ist.